Automobil-Produktion

Eine Fabrik für alle Fälle

Von Jens Bartels · 2014

Der Werdegang von der Bestellung über den Fertigungsprozess bis zur Auslieferung eines fabrikneuen Autos wird sich in Zukunft völlig verändern. Statt zentraler IT-Systeme übernehmen dezentrale Fertigungseinheiten in den Fabriken die Steuerung. Das Wunschgefährt wird immer individueller und läuft immer schneller vom Band.

 Zwei Roboter richten ihre Greifarme aufeinander

Fabian Müller möchte sich ein fabrikneues Auto kaufen. In der Gegenwart schnappt er sich sein Smartphone, wählt die App eines Autoherstellers und konfiguriert das Wunschmodell sowie eine passende Ausstattung. Ein Code macht seinen Auftrag für das gewünschte Fahrzeug unverwechselbar. Mit diesem Schlüssel kann Fabian Müller die Konfiguration selbst noch einmal ändern oder zu seinem Autohändler gehen, sich weitergehend beraten lassen und schließlich einen Neuwagen bestellen. Dann wandert der Auftrag zur Fabrik des Automobilherstellers. Eingreifen kann der Kunde nun nicht mehr.

„Heutzutage werden die Produktionsvorgänge über Wochen vorher in zentralen IT-Systemen erfasst, die dann die eigentliche Produktion in einer optimalen Reihenfolge steuern“, sagt Detlef Zühlke, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz in Kaiserslautern. „Reden wir hier heute noch über acht bis zwölf Wochen, so wird die Reaktionszeit zwischen Kundenauftrag und Produktion im Automobilbau zukünftig vielleicht nur noch ein bis zwei Wochen betragen“, meint der Professor. Der Grund: Wenn dezentrale Steuerungssysteme mehr und mehr zentrale Steuerungen ablösen, können die Planungsvorlaufzeiten drastisch reduziert werden.

Voll vernetzt

Dafür sorgt die Fertigung im Zeitalter von „Industrie 4.0“. Nach dem Betreiben mechanischer Maschinen durch Dampf und Wasserkraft, dem sprunghaften Produktivitätszuwachs durch die Fließbandfertigung am Anfang des letzten Jahrhunderts und dem Einzug von Computern und Robotik bringt die vierte industrielle Revolution eine erneute Umwälzung. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird die Verschmelzung von industrieller Fertigung und Informationstechnologie beispielsweise in der Automobilindustrie eine neue Produktionswelt mit gänzlich veränderten Produktionsabläufen sowie einer vollkommen vernetzten Kommunikation zwischen Fabriken, Lieferanten und Kunden schaffen.

Grundsätzlich funktioniert die Fertigung in der Zukunft folgendermaßen: Einbauteile mit eingebettetem Chip kommunizieren funkgesteuert über das Internet in Bruchteilen von Sekunden mit anderen Maschinen und Robotern. Gemeinsam organisieren sie beispielsweise einzelne Bearbeitungsschritte oder die Nutzung freier Kapazitäten und entscheiden auf diese Weise selbstständig darüber, wie sie schnell und effizient fertigen können. Diese Autonomie ist der Kern der Vision der „Industrie 4.0“.

Individualität wird bezahlbar

Automobilhersteller werden großen Nutzen aus der Fertigung in der Fabrik der Zukunft ziehen. Gerade in der von harter Konkurrenz geprägten Autoindustrie verspricht die Möglichkeit der smarten Fabrikation entscheidende Wettbewerbsvorteile. Intelligente Produktionssysteme sowie die Realisierung verteilter und vernetzter Produktionsstätten führen nach Meinung von Experten sowohl zu hohen Produktivitätszuwächsen als auch zu Verbesserungen in der Qualität gefertigter Fahrzeuge. Zugleich wird die Produktion kleiner und sehr individueller Serien bis hin zur Einzelfertigung durch die flexible und dezentrale Fertigung im Automobilbau wirtschaftlich rentabel und ohne Produktivitätsverlust möglich sein. Das wiederum freut Fabian Müller. Denn durch die Fabrik neuen Typs steigt folglich einmal mehr die Vielfalt an möglichen Modellen und Ausstattungen. Außerdem bedient künftig auch die Automobilindustrie den Trend zu Bestellungen im Internet mit anschließend sehr schnellen Reaktionszeiten zwischen Kundenauftrag und Produktion. Nicht zuletzt kann Fabian Müller in der Fabrik der Zukunft selbst nach Auftragserteilung in den Fertigungsprozess eingreifen.

Produktionsstand immer im Blick

In Echtzeit ruft er dafür den Produktionsstand des Auftrags online ab und ändert seine Konfiguration. Per Smartphone bestellt Fabian Müller eine Express-Fertigung für das Wunschauto. Kurz vor Produktionsbeginn entscheidet er sich spontan für eine stärkere Motorisierung und während der Fertigung fällt ihm ein, dass er statt grüner gelblackierte Außenspiegel bevorzugt. Fertigungsinseln, Bauteile und Maschinen reagieren sofort auf die Kundenwünsche von Fabian Müller. Die Fabrik von morgen macht es möglich.

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