Machine-To-Machine

Werkstücke suchen eine Weltsprache

Von Inken Schönauer · 2014

Wenn sich Maschinen und Bauteile unterhalten können, verspricht das immense Produktivitätssprünge. Profitieren können davon nicht nur die Großen der Branche, sondern gerade auch der Mittelstand. Denn die Industrie 4.0 verspricht keine teuren Anlagen, sondern eine neue Qualität der Fabrikkommunikation. Doch jede Sprache braucht ihre Standards.

 Ein weißer Roboter mit Krawatte und Brille
Bis 2020 könnten über 50 Milliarden Maschinen und Geräte vernetzt sein.

Probleme zeichnen sich ab. Die Maschine wird schon bald nicht mehr so laufen, wie sie soll. Im Kontrollzentrum schalten die Lampen auf Rot. Das Serviceteam ist alarmiert. Der Technikchef beschließt: Wartungsarbeiten, die eigentlich erst in ein paar Wochen turnusmäßig angestanden hätten, werden auf das Wochenende vorgezogen. So wurde ein Ausfall in einer Fabrik verhindert, der das Unternehmen viel Geld gekostet hätte. Möglich ist dies mit der sogenannten Machine-to-Machine-Technologie, kurz M2M. Daten zum Status der Anlage wie Temperatur, Leistung, Umdrehungen oder Auslastung werden dabei an eine sogenannte m2m-Plattform übertragen und dort permanent überwacht. Wird ein Kennwert über- oder unterschritten, wird die Zentrale alarmiert. Experten sprechen davon, dass mithilfe der neuen Methoden, für die dies nur ein Beispiel ist, eine völlig neue Produktionslogik entstehe. „Im industriellen Umfeld sind M2M-Lösungen nicht mehr wegzudenken“, sagt Thomas Magedanz, der den Lehrstuhl „Architektur der Vermittlungsknoten“ an der tu Berlin leitet und als Abteilungsleiter dem Fraunhofer-Institut fokus vorsteht.

Milliarden von Maschinen vernetzen sich

Die Kommunikation von Maschinen untereinander findet Einzug in sämtliche Bereiche von Unternehmen. Egal ob stationär oder mobil, mithilfe von meist kabelloser Übertragungstechnologie sind die Maschinen in der Lage, Informationen mit- und übereinander auszutauschen. Die Zahlen in Studien kennen kaum Obergrenzen. Diverse Branchenverbände gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2020 über 50 Milliarden Maschinen und Geräte miteinander vernetzt sein könnten. Dabei M2M-Kommunikation kaum noch leisten, wenn sie ihre Wettbewerbsfähigkeit behalten wollen, heißt es in einer Studie von Circle Research. Auch kleinere Unternehmen würden aber mit großen Schritten aufholen und zunehmend den Nutzen der neuen Technologie erkennen. Gerade im Mittelstand eröffnet sich ein großes Potenzial. Schließlich geht es nicht einfach um die Anschaffung neuer Maschinen, sondern um eine qualitativ neue Ebene der Produktion. Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e. V. (acatech) spricht von Produktivitätssteigerungen von bis zu 30 Prozent durch die vierte industrielle Revolution.

Fehlende Standards bremsen Fortschritt

Was den Siegeszug der m2m-Technologie derzeit bremst, sind jedoch fehlende allgemeingültige Standards. Unter Unternehmern kursiert die Angst, mit erheblichen Ressourcen in ein Angebot zu investierten, dass dem sich später durchsetzenden Standard nicht entspricht. m2m ist global und das Setzen von einheitlichen Standards entscheidet vielleicht sogar über den Erfolg dieser gesamten Technologie. „Es besteht kein Zweifel daran, dass sich interoperable – auf globale Standards aufbauende – m2m-Technologien durchsetzen werden, da bei der m2m-Kommunikation Masse entscheidend ist“, sagt Magedanz. Speziallösungen für hochsichere Anwendungsdomänen würden dabei immer ihre Daseinsberechtigung haben, aber die intelligenten Fabriken der Zukunft müssten einheitliche Technologiestandards verwenden. Ein schwieriges Unterfangen, denn diese müssten auch branchenübergreifend entwickelt werden. Und während der Maschinenbau und die Elektrotechnik kulturell bedingt eher auf Absprachen und Gremienarbeit setzen, bevorzugen it-Fachleute traditionell kürzere Wege. Und auch die Anbieter selbst könnten auf propriertäre Angebote setzen, um die Kunden an sich zu binden.

Mehr Intelligenz, weniger Kosten

Doch auch das wird den Trend kaum aufhalten können. Die Vorteile der m2m-Technologie liegen auf der Hand. Wenn Maschinen untereinander Störungen melden, Leerstände anzeigen und Kapazitätsanpassungen vornehmen, dann entfallen unnötige Kontrollgänge oder ein zeitaufwändiger Bestückungsprozess. Per Fernwartung können Maschinenteile in einer Fabrik überprüft werden, das spart Kosten. Ohnehin ist das einer der entscheidenden Beweggründe von Unternehmen, auf m2m zu setzen: Sie können kräftig Geld sparen. Wenn beispielsweise nicht mehr so viele Reparaturteile für eventuelle Schäden vorgehalten werden müssen, dann hat das einen großen Einfluss auf die Lagerkosten. Allerdings kommt es darauf an, die richtige m2m-Plattform zu wählen, die auf die Bedürfnisse und die Anforderungen des Unternehmens zugeschnitten ist. Das stellt oft die zentrale Herausforderung dar. Denn nur, wenn die Kommunikation unter den Maschinen reibungslos läuft, zahlt sich der Nutzen langfristig aus. Derzeit blicken Endkunden – private wie professionelle – noch auf einen heterogenen Markt. Von sogenannten „Plug-and-Play-Lösungen“ scheint man noch weit entfernt zu sein. Da gibt es zum einen eine Vielzahl von Anbietern und entsprechend viele verfügbare Systeme. Zum anderen sind die Telekommunikationslösungen oft alles andere als auf der Höhe der Zeit. Viele Lösungen basieren beispielsweise noch auf gsm, dem Mobilfunk der sogenannten zweiten Generation. Mit der Plattform und der dazugehörigen Infrastruktur ist auch eine der größten Sorgen von Unternehmen bei der Installation von M2M -Technologie verbunden: dass eine solche Technik störungsanfällig ist oder sich Sicherheitslücken auftun. Unternehmen müssen vor dem Einsatz der Technologie sorgfältig abklären, was ihre zentralen Anforderungen an die M2M-Technologie sind. Beispielsweise ist es mitunter gar nicht notwendig, dass Maschinen in einem 24-Stunden-Dauerbetrieb miteinander kommunizieren. Abschalten, wenn eine Applikation nicht mehr nötig ist, gehört damit ebenso zu einer guten „smart factory“ wie das Hochfahren der Maschinen, wenn es nötig wird.

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