Precision Farming

Umbruch in der Landwirtschaft

Von Christian Raum und Christin Hohmeier · 2018

In der Landwirtschaft hat sich die Digitalisierung schon vor Jahrzehnten durchgesetzt und das Bild des Bauernhofes komplett verändert. Viele in der Branche arbeiten an einer weitergehenden Disruption der Agrarindustrie – auch um die Marktmacht der weltweiten Konzerne zu brechen.

Ein Farmer beäugt skeptisch eine Gurke. Thema: Precision Farming

Wenn Landwirtschaftsexperten über Copernicus-Satelliten sprechen, geraten sie ins Schwärmen – diese Technologie sei „absolut disruptiv“ und werde die Landwirtschaft von Grund auf verändern. Denn sie könne die Grundlage für Precision Farming sein.

Offensichtlich zieht die erhoffte Zukunft der Landwirtschaft in großen Kreisen um die Erde. Das System mit dem Namen des polnischen Astronomen liefert sogenannte „Radar“-Bilder der Erdoberfläche. Der Unterschied zu den bekannten herkömmlichen Satellitenbildern ist, dass Copernicus die Aufnahmen in unterschiedlichen Wellenlängen liefert. Das bedeutet, dass sie extrem scharf sind, sogar Bodenwellen anzeigen und beispielsweise auch Informationen über die Feuchtigkeit der Felder enthalten. Außerdem blickt die Radarkamera durch Wolken, Wälder, Pflanzen und Dunkelheit: Das Satellitensystem sendet zu jeder Zeit, bei jedem Wetter exakte Fotos aus dem Orbis auf die Erde. Und diese Bilder sind über Datenbanken frei erhältlich. Wenn Algorithmen und Analyseprogramme diese Aufnahmen bearbeiten, liefern sie den interessierten Landwirten eine detaillierte Auswertung der Bodenqualität ihrer Felder. 

Precision Farming: Frühe Prognose für den Ernteertrag 

Aber das ist nur der erste Schritt – als nächstes gleichen Analyseprogramme diese Daten mit Wetterdaten, Geodaten, Bodendaten und mit den Wachstumsmodellen des Saatgutes ab. Laut der IT-Spezialisten seien die Vorhersagen inzwischen so genau, dass Landwirte ihren voraussichtlichen Ertrag berechnen könnten. Und zwar nicht nur nach Feld – sondern nach unterschiedlichen Bereichen innerhalb des Feldes. Für die Landwirte bedeute dies, bereits beim Einkauf des Saatgutes eine Prognose zu erhalten, wie hoch der Ertrag im Herbst sein werde.

Schon heute ist die Landwirtschaft eine der am höchsten automatisierten und digitalisierten Industrien. Aus dem Werbefernsehen ist noch immer das romantisierte Bild des Bauernhofs und der Arbeiterinnen und Arbeiter mit Kopftuch und leuchtenden Gesichtern vertraut. Doch die Realität sieht anders aus. 

Melkmaschinen haben schon vor Jahrzehnten die Arbeit grundlegend verändert. Die Fahrerhäuser von Mähdreschern gleichen heute dem Cockpit eines Flugzeuges. Über Sensoren nimmt das Fahrzeug Bodenanalysen vor und schickt sie in die Mähdrescherhersteller-Cloud. Deren Analysen geben detaillierte Auskünfte über Qualität, Feuchtigkeit, Düngung. 

Es ist kein Wunder, dass die Branche in den Disziplinen Digitalisierung und Automatisierung als beispielhaft gilt. Experten schätzen, dass die Informationstechnologie etwa 30 Prozent der Wertschöpfung ausmache. Jede vierte Bestellung eines Service-Roboters käme aus einem landwirtschaftlichen Betrieb. Und jetzt kann die Agrarindustrie mithilfe von Satellitenbildern und Informationstechnologie die Disruption auf eine neue Ebene heben.

Quelle: Bitkom, 2018

Warten auf die Disruption

Viele Insider meinen, diese grundlegende Disruption sei schon lange überfällig. Sie kritisieren, dass lediglich drei weltweite Konzerne die Nahrungsmittelproduktion beherrschten. Eine ähnliche Zentralisierung der Marktmacht gäbe es auch beim Saatgut – drei Konzerne kontrollieren rund 60 Prozent des Saatguts und planen ihre Marktmacht in den kommenden Jahren weiter auszubauen.

Und hier geht es ohne Frage um viel Geld. Prognosen zufolge könnte der weltweite Markt für Saatgut und Pflanzenschutz in den nächsten beiden Jahren auf ein Volumen von 120 Milliarden US-Dollar ansteigen. Dies sei eine Folge des rasanten Wachstums der Weltbevölkerung. Rund zehn Milliarden Menschen könnten nach Berechnungen der Vereinten Nationen im Jahr 2050 auf der Erde wohnen. 

Zwischen übermächtigen Konzernen und der steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln versuchen sich Landwirte zu positionieren. Und es ist keine Frage, dass digitale Kompetenz den Betrieben neue Geschäftsmodelle und neue Anbaukonzepte eröffnet. So stehen Fort- und Weiterbildung in digitalen Technologien auf der Liste der geplanten Investitionen vieler Betriebe ganz oben. Noch wichtiger erscheint die Suche nach jungen qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und deren Wissen, die neuen Technologien mit den Bedürfnissen

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