Virtual Reality und 3D-Druck

Gedachtes wird konkret

Von Otmar Rheinhold · 2018

Datenbrillen, virtuelle Mäuse und Produkte, die Schicht für Schicht entstehen: Ohne innovative Verfahren kommt die Industrie 4.0 nicht aus. Noch steht vieles am Anfang, doch schon heute ist klar, wie zukünftige Technik neue Geschäftsfelder ermöglicht und die Produktion verändert.

Eine Frau trägt eine VR-Brille. Thema Virtual Reality

Industrie 4.0 ist mehr als nur die Fortentwicklung bestehender Verfahren und deren Integration in digitale Prozesse. Industrie 4.0. basiert auf Technologien, die noch viele weitere Innovation ermöglichen. Zu diesen Technologien gehören zum einen die in letzter Zeit viel diskutierte Virtual Reality (VR) beziehungsweise Augmented Reality (AR), zuweilen auch bekannt als „Mixed reality“. So hieß es bereits 2016 in einer Marktuntersuchung der Unternehmensberatung Deloitte: „Deutsche Unternehmen werden im Jahr 2020 knapp 850 Millionen Euro in Virtual- und Mixed-Reality-Lösungen investieren.“ Den Löwenanteil würden hierbei innovative Anwendungen ausmachen. Zum anderen spielen nach wie vor moderne additive Fertigungsverfahren, auch bekannt als 3D-Druck, eine große Rolle für die Zukunft. Im vergangenen Jahr rechnete das Marktforschungsunternehmen IDC für das Jahr 2020 mit einem weltweiten Umsatz von 35,4 Milliarden US-Dollar bei additiven Fertigungsverfahren.

Virtual Reality: Virtuelle Fertigungsstraßen

Virtual Reality bedeutet, Orte im Computer zu simulieren und Nutzern so zur Verfügung zu stellen, dass sie darin virtuell agieren können. Sehr oft kommen dabei VR-Brillen zum Einsatz, aber auch spezielle Interfaces, die in der Hand getragen werden und wie eine virtuelle Maus fungieren. Bei Augmented Reality wird über die direkt wahrgenommen Umwelt eine weitere optische Schicht gelegt – auch hier kommen Datenbrillen zum Einsatz, aber auch Tablets oder Handys. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. So ist es zum Beispiel denkbar, dass ein Arbeiter ein komplexes Werkstück durch sein Tablet oder eine Datenbrille betrachtet. Die dahinter liegende Software erkennt das Werkstück und teilt dem Arbeiter mittels optisch dargestellter Information mit, welche Handgriffe und Werkzeuge nötig sind. Eine weitere denkbare Anwendung sind interaktive Begehungen von Tunnelbohrmaschinen. Bevor das teure Gerät in Betrieb gesetzt wird, bewegen sich Arbeiter virtuell durch die Maschine und üben den Umgang mit ihr. Auf ähnliche Weise können – Stichwort Industrie 4.0 – ganze Fertigungsstraßen virtuell entwickelt und Änderungen vor der physischen Umsetzung getestet werden. VR eröffnet auch ganz neue Geschäftsfelder in der Fertigung. Denkbar ist zum Beispiel, eine Küche im virtuellen Raum nicht nur zu konfigurieren, wie es im Retailbereich schon angeboten wird, sondern die per VR-Anwendung getroffenen Kundenentscheidungen über Anordnung oder Material sofort in eine CAD-Datei zu überführen. Diese gehen dann automatisch an die Fertigung des Herstellers oder werden auf einer Bieterplattform interessierten Unternehmen angeboten.

Quelle: Bitkom, 2018

3D-Druck: Schicht für Schicht

Additive Verfahren beruhen auf dem Konzept, Materialien schichtweise aufzutragen, um einen Gegenstand zu produzieren. Bekannt sind vor allem 3D-Drucker, die aus Kunststoff, aber auch aus metallischen Verbindungen oder sogar Beton Werkstücke herstellen. Additive Verfahren haben mehrere Vorteile. Sie beruhen auf einem digitalen Modell eines Gegenstandes. Die Produktionsmaschinen sind sehr frei einsetzbar – sie benötigen zum Beispiel keine Gussformen. 3D-Drucker können theoretisch jeden beliebigen Gegenstand herstellen, und das in kurzer Zeit. Das macht sie ideal, um im Rahmen einer Produktentwicklung Prototypen herzustellen. „Rapid Prototyping“ ist denn auch bis heute eines der wichtigsten Anwendungsgebiete additiver Verfahren.

Effizient und individuell

Mit additiven Verfahren ist es aber auch möglich, Teile herzustellen, die mit traditionellen Verfahren nicht hergestellt werden können. Optimierte Einspritzdüsen für Flugzeugmotoren entstehen so etwa, die zudem noch deutlich leichter sind, da manche Verbundmaterialien aus Leichtmetall und Kunststoffen nur mittels additiver Verfahren eingesetzt werden können. 

In Hinsicht auf die Industrie 4.0 können die flexiblen und schnellen 3D-Druck-Verfahren den Anspruch der individuellen Fertigung einlösen. Wo es sich nicht lohnt, für Kleinserien Formen und Werkzeuge herzustellen, machen additive Verfahren solche Geschäfte wieder attraktiv, denn dank ihrer sind solche Vorbereitungen überflüssig. Auch Kombinationen werden möglich, wenn zum Beispiel innerhalb einer Hauptform Detailvarianten aus dem 3D-Drucker eingepasst werden. Und auch hier entstehen neue Geschäftsfelder. Nicht unrealistisch sind Szenarien, in denen Fabriken der Zukunft aus Ansammlungen von 3D-Druckern bestehen, die im Stücklohnverfahren Teile drucken. Die Daten kommen fix und fertig von überall her – und die entsprechenden Produkte wurden zuvor vielleicht per VR-Brille designt und getestet. 

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